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Die Eroberung von Jerusalem durch das Heer des neubabylonischen Königs Nebukadnezar (Nabū-kudurrī-uṣur II., Regierungszeit 604–562 v. Chr.) entmachtete die Davids-Dynastie in Jerusalem und beendete die Existenz des Südreichs Juda, das zuletzt ein babylonischer Vasallenstaat gewesen war. Der Salomonische (Erste) Tempel wurde zerstört, die Jerusalemer Oberschicht teilweise deportiert. Als Jahr der Eroberung wird in der englischsprachigen Forschung 586 v. Chr. bevorzugt, während in der deutschsprachigen Literatur meist das Jahr 587 v. Chr. genannt wird.[1]

Die Quellenlage für diese zweite babylonische Eroberung Jerusalems ist ungünstiger als für die erste 597 v. Chr., weil die babylonischen Chroniken nur bis zum Jahr 594 erhalten sind. Dadurch rücken Texte aus der Hebräischen Bibel zu Quellen nicht nur für die Endphase des Reichs Juda, sondern auch für die Geschichte des Neubabylonischen Reichs auf.

Zidkija als babylonischer Vasallenkönig

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Liste von Lebensmittelrationen für Jojachin von Juda und sein Gefolge (Tontafelfragment, Fundort Babylon, Vorderasiatisches Museum Berlin)[2]

Die babylonische Chronik hebt als zentrales Ereignis des Palästina-Feldzugs Nebukadnezars die Eroberung Jerusalems im Jahr 597 v. Chr. hervor. Während der Belagerung starb König Jojakim, der im Vertrauen auf ägyptische Hilfe seine Tributzahlungen an Babylon eingestellt hatte. Sein Sohn und Nachfolger Jojachin unterwarf sich den Babyloniern und rettete dadurch den Bestand seines kleinen Königtums. Die Babylonier plünderten zwar die Stadt und nahmen viele Gefangene, aber sie beließen die Davids-Dynastie an der Macht und verzichteten auf die Zerstörung Jerusalems. Nebukadnezar setzte Jojachin ab und installierte dessen Onkel Mattanja auf dem Jerusalemer Thron, welcher sich nun Zidkija nannte. Aus babylonischer Sicht war diese Regelung geeignet, um das Reich Juda in einem stabilen Untertanenverhältnis zu halten: das Land war zwar wirtschaftlich sehr geschwächt, aber die Verwaltungsstrukturen noch intakt; König Zidkija wußte, wem er seine Königswürde verdankte; dass sein Neffe Jojachin im babylonischen Exil lebte, stellte ein zusätzliches Druckmittel dar.[3] Für eine Gruppe von Exilierten, darunter auch der Prophet Ezechiel, war Jojachin weiter der einzig legitime König von Juda und Zidkija ein bloßer „Statthalter“ (Ez 17,11–15 LUT). Ein Teil der Bevölkerung Judas hoffte auf die Rückkehr Jojachins nach Jerusalem (Jer 28,1–4 LUT). Dies schwächte die Position Zidkijas, zumal er als „Konkursverwalter seines Bruders Jojachin“ (Herbert Donner) großen wirtschaftlichen Problemen gegenüberstand und Schwierigkeiten hatte, die mit Jojachin nach Babel deportierten Jerusalemer Spitzenbeamten durch geeignete Personen zu ersetzen.[4]

Ab 596 lockerte sich die babylonische Kontrolle übr das Land Hattû. Zunächst war Nebukadnezar durch Feldzüge an der Ostgrenze seines Reichs gebunden, dann musste er eine Revolte in Babylon niederschlagen, an der hohe Militärangehörige beteiligt waren. Unterdessen regierte Psammetich II. über Ägypten und führte 593 in Nubien einen erfolgreichen Feldzug durch. Ein Jahr später leitete er eine Expedition an der Küste Phöniziens. Oded Lipschits vermutet, dass Psammetich daran interessiert war, die ägyptische Vorherrschaft in der Levante zu erneuern. Die Kleinkönige in der Region gingen antibabylonische Bündnisse ein, was im Hintergrund von Ägypten gefördert worden sei.[5] Wolfgang Helck versteht Psammetichs Expedition geradezu als zweijährigen Feldzug,[6] andererseits wird gefragt, ob diese Expedition überhaupt militärischen oder eher diplomatischen und kultischen Charakter hatte. Eine Reaktion der Neubabylonier darauf ist jedenfalls nicht bekannt.

Im Februar 589 trat Pharao Apries seine Herrschaft über Ägypten an, und etwa zeitgleich änderte sich die babylonische Politik in Bezug auf das Land Hattû. Zug um Zug wurden die semi-autonomen Vasallenkönigreiche der Region entmachtet und in Provinzen umgewandet, so dass die direkte babylonische Kontrolle effektiv bis an die ägyptische Grenze heranreichte.[7] Die wirtschaftlichen Folgen für die südliche Levante waren schwerwiegend. Anfang des 6. Jahrhunderts verschwindet die griechische Importkeramik fast vollständig aus dem archäologischen Befund, um erst zum Ende des Jahrhunderts (also in der Perserzeit) wieder zurückzukehren: ein Indiz dafür, dass die Region unter babylonischer Herrschaft keine Überschüsse für den Export mehr erwirtschaftete und vom Fernhandel abgeschnitten war.[8]

Zidkijas Abfall von Babylon

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Dass Zidkija sich entschloss, seine Vasallenpflichten nicht mehr zu erfüllen, war in Anbetracht seiner politisch-militärischen Schwäche extrem unklug. Am Hof gab es offenbar eine anti-babylonische Partei, die ihn dazu drängte; ob Ägypten zu diesem Zeitpunkt bereits im Hintergrund aktiv war und Unterstützung versprach oder erst später, als der Aufstand schon im Gange war, zu helfen versuchte, ist unbekannt.[9]

Belagerung Jerusalems

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Foto von Lachisch-Ostrakon Nr. 3

Ab dem 15. Januar (dem 10. X. des babylonischen Kalenders) 588 belagerte ein babylonisches Heer Jerusalem. Ein ägyptischer Entsatzversuch (vgl. Jer 37,5–11 LUT) brachte den Jerusalemern nur vorübergehend Entlastung. Die ägyptischen Hilfstruppen zogen wieder ab; Genaueres ist über ihr Ergehen nicht bekannt.

Mit Ausnahme Jerusalems nahm das babylonische Heer Juda leicht ein. Nur die beiden befestigten Orte Lachisch und Aseka konnten eine Zeitlang Widerstand leisten (vgl. Jer 37,7 LUT). Die in den 1930er Jahren bei den Ausgrabungen von Tell ed-Duwēr gefundenen Lachisch-Ostraka geben einen Eindruck von der militärisch aussichtslosen Situation, in der sich die Verteidiger befanden. Aufschlussreich ist Ostrakon Nr. 3, aus dem hervorgeht, dass sich der judäische Oberbefehlshaber Konjahu ben Elnatan von Jerusalem nach Ägypten begab. Das heißt entweder, dass der Belagerungsring um Jerusalem nicht geschlossen war oder die Belagerung nachlässig gehandhabt wurde.[10]

Die Belagerung Jerusalems wurde ab dem 15. Januar 588 fortgesetzt. Am 18. Juli 586 v. Chr. fiel Jerusalem.[11]

Gefangennahme und Verurteilung Zidkijas

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Zidkija floh in Richtung auf das Ostjordanland, wurde aber in der Gegend von Jericho eingeholt. Seine Gefolgsleuten verließen ihn. Eine babylonische Patrouille nahm ihn gefangen und brachte ihn mit seinen Begleitern ins babylonische Hauptquartier nach Ribla. Dort sprach Nebukadnezar über ihn das Urteil. Er ließ Zidkijas Söhne und Angehörige seines Hofstaats vor dessen Augen hinrichten. Anschließend wurde Zidkija selbst geblendet und in Ketten nach Babylon gebracht.[12]

Zerstörung Jerusalems und des Tempels

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Erst einen Monat nach der Einnahme der Stadt gab Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, den Befehl, Jerusalem völlig zu zerstören. Der Tempel wurde niedergebrannt. Eine relativ kleine Gruppe von Jerusalemern (nach Jer 52,28–32 LUT: 832 Personen, fünf Jahre später weitere 745 Menschen) wurde nach Babylonien deportiert und stieß zu der weit größeren Exiliertengruppe, die sich dort bereits seit der ersten babylonischen Eroberung Jerusalems mitsamt ihres Königs Jojachin befand.[13]

Welche Pläne die Neubabylonier mit dem Reich Juda hatten, ist nicht genauer bekannt. Gedalja ben Ahikam aus der Schafan-Familie wurde von ihnen damit beauftragt, wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Da das zerstörte Jerusalem als Verwaltungszentrum nicht geeignet war, bezog er mit einem teils judäischen, teils babylonischen Gefolge sein Quartier in Mizpa (Tell en-Naṣbe). Dort überfiel ihm eine radikal antibabylonische Gruppe um Ismael ben Netanja, einen Angehörigen der Davids-Dynastie. Die Attentäter ermordeten Gedalja und seine Mitarbeiter und flohen nach Ägypten. Die Einwohnerschaft Mizpas schloss sich ihnen aus Furcht vor der zu erwartenden babylonischen Vergeltung an. Der Prophet Jeremia musste gegen seinen Willen mit nach Ägypten auswandern.[14]

Vier Fasttage erinnern im jüdischen Kalender an Ereignisse im Kontext der Eroberung Jerusalems 587 (586) v. Chr:[15]

  • 10. Tevet (Assara beTevet): Das babylonische Heer beginnt die Belagerung Jerusalems;
  • 17. Tammus (Schiwa Assar beTammus): Die Babylonier schlagen eine Bresche in die Stadtmauer;
  • 9. Av (Tischa beAv): Die Babylonier brennen den Tempel nieder;
  • 3. Tischri (Zom Gedalja): Ermordung des Statthalters Gedalja.


  • Shelley L. Birdsong: The Last King(s) of Judah: Zedekiah and Sedekias in the Hebrew and Old Greek versions of Jeremiah 37(44):1-40(47):6 (= Forschungen zum Alten Testament/2, Band 89). Mohr Siebeck, Tübingen 2017.
  • Ernst Axel Knauf, Hermann Michael Niemann: Geschichte Israels und Judas im Altertum. De Gruyter, Berlin/Boston 2021.
  • Oded Lipschits: The Fall and Rise of Jerusalem: Judah under Babylonian Rule. Eisenbrauns, Winona Lake 2005.
  • David Steven Vanderhooft: The Neo-Babylonian Empire and Babylon in the Latter Prophets (= Harvard Semitic Monographs, Band 59). Scholars Press, Atlanta 1999.
  • Sonja Ammann: Der zerbrochene Spiegel: Die babylonische Eroberung Jerusalems als kulturelles Trauma (= Studies in Cultural Contexts of the Bible, Band 9). Brill Schöningh, Paderborn 2024.
  • Rainer Albertz: Die Zerstörung des Jerusalemer Tempels 587 v. Chr. Historische Einordnung und religionspolitische Bedeutung. In: Johannes Hahn (Hrsg.): Zerstörungen des Jerusalemer Tempels. Geschehen – Wahrnehmung – Bewältigung (= Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, Band 147). Mohr Siebeck, Tübingen 2002, S. 23–39.
  • Elias Auerbach: Wann eroberte Nebukadnezar Jerusalem? In: Vetus Testamentum 11/2 (1961), S. 128–136.
  • Benedikt Josef Collinet: Die letzten Könige von Juda: Eine narratologische und intertextuelle Lektüre von 2 Kön 23,30–25,30. V&R unipress, Göttingen 2019.
  • Erasmus Gaß: Nebukadnezzar ante portas: Zu den babylonischen Interessen in der südlichen Levante. In: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft, Band 129 (2016), S. 247–266.
  • Shuichi Hasegawa: Wer hat die Söhne Zidkijas getötet? Altorientalische Königsideologie und die Schilderung der Hinrichtung von Rebellen (2 Kön 25,6-7; Jer 52,9-11). In: Biblische Notizen, Band 194 (2022), S. 45–62.
  • Ernst Kutsch: Das Jahr der Katastrophe: 587 v. Chr. Kritische Erwägungen zu neueren chronologischen Versuchen. In: Biblica 55/4 (1974), S. 520–545.
  • Juha Pakkala: Gedaliah’s murder in 2 Kings 25:25 and Jeremiah 41:1-3. In: Anssi Voitila, Jutta Jokiranta (Hrsg.): Scripture in Transition: Essays on Septuagint, Hebrew Bible, and Dead Sea Scrolls in Honour of Raija Sollamo (= Supplements to the Journal for the Study of Judaism, Band 126). Brill, Leiden 2008, S. 401–411.
  • John Ritzema: After Zedekiah: Who and What was Gedaliah ben Ahikam? In: Journal for the Study of the Old Testament, Band 42 (2017), S. 73–91.
  • Henk de Waard: The Dates of the 587/6 BCE Capture and Destruction of Jerusalem. In: Textus, Band 29 (2020), S. 1–7. (WP Library: Brill)
  1. Ernst Axel Knauf, Hermann Michael Niemann: Geschichte Israels und Judas im Altertum, Berlin/Boston 2021, S. 300.
  2. Staatliche Museen zu Berlin, Sammlungen Online: Rationsliste für Gefangene mit Erwähnung des Königs Jojachin von Juda
  3. Oded Lipschits: The Fall and Rise of Jerusalem: Judah under Babylonian Rule, Winona Lake 2005, S. 49–59.
  4. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 408.
  5. Oded Lipschits: The Fall and Rise of Jerusalem: Judah under Babylonian Rule, Winona Lake 2005, S. 62–64.
  6. Wolfgang Helck: Geschichte des alten Ägypten, Band 1. Brill, Leiden 1968, S. 254 (überprüfen)
  7. Oded Lipschits: The Fall and Rise of Jerusalem: Judah under Babylonian Rule, Winona Lake 2005, S. 66.
  8. Erasmus Gaß: Nebukadnezzar ante portas: Zu den babylonischen Interessen in der südlichen Levante, 2016, S. 255–257.
  9. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 410.
  10. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 411.
  11. Ernst Axel Knauf, Hermann Michael Niemann: Geschichte Israels und Judas im Altertum, Berlin/Boston 2021, S. 300.
  12. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 411 f.
  13. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 412.
  14. Herbert Donner: Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen, Band 2. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 412 f.
  15. Israel Meir Lau: Wie Juden leben: Glaube – Alltag – Feste. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1988, S. 224.