Mögest du in interessanten Zeiten leben

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Mögest du in interessanten Zeiten leben, auch bezeichnet als Chinesischer Fluch, ist ein Sprichwort, dessen Herkunft nicht eindeutig belegt ist, aber oft der chinesischen Sprache zugesprochen wird.
Der ehemalige britische Botschafter in China, Hughe Knatchbull-Hugessen, erinnerte sich in der „May 30, 1948“ datierten „Introduction“ zu seinen 1949 veröffentlichten Memoiren daran, dass ihm ein Freund vor seiner Abreise von England nach China 1936 von einer chinesischen Verwünschung erzählt habe: „Mögest Du in interessanten Zeiten leben.“

„Before I left England for China in 1936 a friend told me that there exists a Chinese curse — ‚May you live in interesting times‘. If so, our generation has certainly witnessed that curse’s fulfilment.“[1]

Weite Bekanntheit erlangte die Redewendung, als Robert F. Kennedy am 6. Juni 1966 in seiner Kapstädter Day of Affirmation Address sagte:[2]

“There is a Chinese curse which says, ‘May he live in interesting times.’ Like it or not, we live in interesting times …”

„Es gibt einen chinesischen Fluch, der da lautet: ‚Möge er in interessanten Zeiten leben.‘ Ob wir es mögen oder nicht, wir leben in interessanten Zeiten …“

Übersetzung und Interpretation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der grundsätzliche Gedanke des Fluches deckt sich mit der Formulierung des Philosophen Hegel in der Einleitung zu seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte:[3][4]

„Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr.“

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Für Flüche der chinesischen Sprache kommen zumindest zwei in Betracht:

宁为太平狗,不做乱世人。, Níng wéi tàipíng gǒu,bù zuò luàn shì rén. – „Besser ein Hund in Friedenszeiten als ein Mensch in Zeiten des Aufruhrs“

生不逢时。, Shēng bù féng shí. – „Zu einem ungünstigen Zeitpunkt geboren sein.“

Letztere Wendung stammt aus dem divinatorischen Text Jiaoshi Yilin aus der westlichen Han-Dynastie und steht hier in Zusammenhang mit negativen Omina.

Beispiel: 生不逢時,困且多憂。無有冬夏[5],心常悲愁。, Shēng bù féng shí, kūn qiě duō yōu. Wú yǒu dōng xià, xīn cháng bēi chóu. – „Ist man zu einem ungünstigen Zeitpunkt geboren, so hat man Kummer und viele Sorgen. Gibt es keinen Winter oder Sommer, so ist das Herz regelmäßig traurig und voll Sorge.“[6]

Wikisource: Day of Affirmation speech – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Sir Hughe Knatchbull-Hugessen: Diplomat in Peace and War (1949), J.Murray, p. ix; siehe auch quoteinvestigator.com
  2. Mögest du in interessanten Zeiten leben! Ostasieninstitut der Hochschule Ludwigshafen; abgerufen am 6. Juli 2023.
  3. Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
  4. Werke - Vollständige Ausgabe. Neunter Band. Dritte Auflage. Berlin 1848, S. 34
  5. Gemeint sind hier „klare Verhältnisse“ im Sinne der zugrundeliegenden chinesischen Naturphilosophie, also ein eindeutiges Yin-Element (Winter) und ein eindeutiges Yang-Element (Sommer)
  6. Jiaoshi Yilin: 頤之. Chinese Text Project, abgerufen am 9. Oktober 2021 (chinesisch (Taiwan)).